Der
Hans-Mayer-Schüler Prof. Dr. Siegfried Streller, emeritierter
Ordinarius der Humboldt-Universität Berlin, arbeitete
sieben Jahre für das Ministerium für Staatssicherheit
der DDR. Dies beweisen Unterlagen der Gauck-Behörde:
unter anderem eine schriftliche „Schweigeerklärung“,
Treffberichte und weitere „schriftliche Faustpfänder“
der Stasi. Unter dem von ihm selbst gewählten Decknamen
„Rengies“ bespitzelte der Germanist, Jahrgang
1921, vor allem seinen Lehrer.
Bekannt wurde Siegfried Streller mit für
die DDR-Literaturwissenschaft ganz neuen Themen: stark beachteten
Arbeiten über Grimmelshausen, den Schöpfer des Simplicissimus,
und zu dem Romantiker Kleist. Noch im August 1999 referierte
der Herausgeber der vierbändigen Werkausgabe im Insel
Verlag auf dem Internationalen Kleist-Kolloquium über
„Das Verhältnis linker Schriftsteller zu Heinrich
von Kleist“.
Neben den Größen Hans Kaufmann
und Claus Träger zählte der Berliner Professor zu
den insgesamt 11 bedeutendsten Literaturwissenschaftlern der
DDR, die zu Beginn der 80er Jahre für die auch im Westen
angesehene Zeitschrift für Germanistik interviewt wurden.
Die DDR-Literaturwissenschaft erzählte dort ihre eigene
Geschichte. Schon damals wies Streller für die Eingeweihten
auf die Gefahr hin, „daß man Dinge, die einem
selber unangenehm waren, verdrängt.“ Manches, so
erklärte er ganz kryptisch, möge „auch aus
anderen Gründen nicht tunlich scheinen, zur Sprache zu
bringen.“
Bereits bei einem früheren Kontakt
im März 1956 mit der Leipziger Stasi hatte Siegfried
Streller eine „Schweigeverpflichtung“ unterschrieben.
Der Stasi versprach er, „strengstes Stillschweigen gegenüber
allen Personen, auch meinen nächsten Angehörigen
zu bewahren.“ Dieses Versprechen hat er getreulich gehalten.
Kein Wort - nirgendwo bislang über seine Stasi-Mitarbeit,
zu der er sich „gutgläubig“ bereit erklärt
habe. Im übrigen habe er mit seinen Aussagen niemandem
geschadet. Und an manches erinnert er sich nicht mehr. So
der Professor heute.
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