Hans Mayer und der GI “Lorenz“
 
Ziel der Stasi-Werbung:
„Hinweise über Prof. Mayer geben“
 
Die kleinen Lügen zur großen DDR-Karriere. Die Stasi über Hans Mayer
 
Über Hans Mayer
und die Schlägerei in Lausanne
 
Über Hans Mayer und dessen Erinnerungen

 

 
Über Hans Mayer und die Schlägerei in Lausanne
(Stand: 19.08.2002)
 

In Martin Walsers multipler Romanfigur eines Kritikers sind sie, bislang seltsam unbeachtet, friedlich vereint: Marcel Reich-Ranicki und der im Jahr 2001 verstorbene Hans Mayer. Zerstritten haben sich indes ihre jeweiligen Freunde und Anhänger. Denn ausgerechnet in seinem Nachruf „Der Mann des Dialogs, ein Einzelgänger“ (FAZ vom 21. Mai 2001) machte MRR eine pikante Episode aus Mayers Schweizer Exil öffentlich.

In der Schweiz sei Hans Mayer in einem Arbeitslager und „schließlich“ in einem Zuchthaus gelandet. Den von diesem angegebenen Grund für den Zuchthausaufenthalt, eine Schlägerei in Lausanne, bezweifelte Reich-Ranicki. „Zeitzeugen wissen es anders: Die Polizei habe Mayer in einem Hotel mit einem Minderjährigen aufgespürt.“ Diese Enthüllung über einen der großen Gelehrten des 20. Jahrhunderts mit „Weltruf“ fanden zu diesem Anlaß einige degoutant. Ihr Wahrheitsgehalt wurde aber öffentlich bis heute nicht bestritten.

Hans Mayer selbst hatte dagegen die Affäre im 1. Band seiner Erinnerungen Ein Deutscher auf Widerruf (1982) recht harmlos dargestellt. Im Dezember 1941 sei er in Lausanne in eine „Schlägerei“ verwickelt worden. „Das war eine banale, alltägliche Angelegenheit“. Die autobiographische Erinnerung einer körperlichen Auseinandersetzung verlieh ihm sogar einen gewissen Heldenstatus. Über den Gegner oder die Gegner sagte Mayer kein Wort. Die Schlägerei habe ihn hundert Schweizer Franken gekostet, so H.M., „wenn ich mich recht erinnere.“ Der Hinweis auf eine geringe, offensichtlich ohne Murren gezahlte Strafe wies ihm selbst zwar eine gewisse Schuld zu, die er aber ganz nonchalant einräumte. Die vermeintlich ungenaue Erinnerung an den angeblich gezahlten Betrag machte die Darstellung noch glaubwürdiger.

Zwei Dossiers des Schweizerischen Bundesarchivs erzählen jetzt eine dritte Wahrheit. Die Geschichte des Schweizer Exils von Hans Mayer läßt sich nun anhand der rund 250 Blatt Berner Justiz- und Polizeiakten in allen Stationen nachzeichnen. Das Dossier C. 13.557 enthält vom Juli 1940 bis April 1954 datierte Dokumente der Bundesanwaltschaft. Der Fund umfaßt weiter das P-Dossier Nr. 43505 für den Zeitraum von 1936 bis 1945 mit Mayers Paßangelegenheiten. Die nun gefundenen Unterlagen widersprechen vielen autobiographischen Angaben Hans Mayers. Manche Erzählungen werden aber auch bestätigt, wenngleich mitunter in einer überraschenden Variante. Die Schlägerei mag hierfür als Exempel dienen.